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Unsichtbare Milliarden: Wie fossile Privilegien uns teuer kommen – und wie ein gerechter Subventionsumbau gelingt

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Subventionen sind selten neutral: Sie setzen Signale, lenken Investitionen und verteilen Chancen – und Kosten. In Deutschland fließen Jahr für Jahr zweistellige Milliardenbeträge in Vergünstigungen für fossile Energien. Viele davon sind historisch gewachsen, politisch bequem und im Alltag kaum sichtbar – ihre Wirkungen jedoch sind es: höhere Klimarisiken, Gesundheitsbelastungen, verpasste Innovationssprünge und ein verzerrter Wettbewerb zulasten sauberer Technologien. In diesem Beitrag zeigen wir, welche Instrumente fossile Energien noch immer bevorzugen, wer davon profitiert und wer zahlt – und wie ein sozial gerechter Subventionsumbau wirkt.

Hinweis zu Zahlen: Je nach Abgrenzung und Datenjahr variieren Schätzungen. Das Umweltbundesamt beziffert umweltschädliche Subventionen in Deutschland auf grob 60–70 Mrd. Euro jährlich (davon ein großer Teil fossilbezogen). Nachfolgend nennen wir konservative Bandbreiten seriöser Schätzungen.

Die wichtigsten fossilen Begünstigungen im Überblick

  • Dieselprivileg (Energiesteuerdifferenz Diesel/Benzin): ca. 7–9 Mrd. Euro/Jahr.
    • Diesel wird pro Liter niedriger besteuert als Benzin, obwohl er pro Liter mehr CO₂ emittiert. Das begünstigt schwere Pkw und hohen Kraftstoffverbrauch.
  • Dienstwagenprivileg: ca. 3–6 Mrd. Euro/Jahr.
    • Die pauschale 1-%-Versteuerung (plus 0,03 % je Entfernungskilometer) fördert große, verbrauchsstarke Firmenwagen und Vielfahren – vielfach bei höheren Einkommen.
  • Kerosinsteuer-Befreiung und Umsatzsteuerprivileg im Flugverkehr: zusammen ca. 8–13 Mrd. Euro/Jahr.
    • Auf internationale Flüge fällt keine Energiesteuer auf Kerosin an; zudem ist Auslandsflugverkehr von der Mehrwertsteuer befreit. Inlandsflüge sind steuerlich begünstigt gegenüber Bahnfahrten.
  • Pendlerpauschale: ca. 6–8 Mrd. Euro/Jahr.
    • Die Entfernungspauschale fördert vor allem lange, autolastige Pendelwege und wirkt kaum verkehrsmittelneutral. Höhere Einkommen profitieren über den progressiven Steuertarif überproportional.
  • Energiesteuer- und Stromsteuerermäßigungen für Industrie: ca. 10–15+ Mrd. Euro/Jahr.
    • Reduzierte Sätze, Ausnahmen (z. B. im Produzierenden Gewerbe), Spitzenausgleich a. D., Strompreiskompensation und weitere Entlastungen, teils ohne klare Transformationsauflagen.

Zur Einordnung (illustrativ):

  • Dieselprivileg:                                   ███████ (8 Mrd.)
  • Dienstwagen:                                    ████ (4 Mrd.)
  • Kerosin + MwSt.:                              ███████████ (10–12 Mrd.)
  • Pendlerpauschale:                          ██████ (7 Mrd.)
  • Industrie-Energieausnahmen:  ████████████ (12–15 Mrd.)

Diese Summen sind kein Naturgesetz. Sie sind politische Entscheidungen – und damit veränderbar.

Wer profitiert – und wer zahlt?

  • Profiteure:

    • Vielfliegende und Viel-Pendler mit höherem Einkommen profitieren überproportional von Flug- und Dienstwagenprivilegien sowie der Pendlerpauschale.
    • Unternehmen mit hohem fossilen Energieeinsatz profitieren von reduzierten Energie- und Stromsteuern.
    • Hersteller und Händler verbrauchsstarker Fahrzeuge profitieren von verzerrten Kaufanreizen.
  • Zahlerinnen und Zahler:

    • Die Allgemeinheit trägt die externen Kosten: Klimafolgen, Gesundheitslasten durch Luftschadstoffe, Lärm, Staus und Unfallfolgen. Diese Kosten tauchen nicht an der Zapfsäule oder im Ticketpreis auf, sondern im Gesundheitssystem, bei kommunalen Haushalten und über steigende Versicherungs- und Klimaschadenskosten.
    • Saubere Alternativen tragen Wettbewerbsnachteile: Wärmepumpen, Gebäudesanierung, Bahn und ÖPNV konkurrieren gegen fossile Preise, die durch Steuererleichterungen künstlich niedriger sind.

Kurz: Die Subventionen wirken regressiv und ineffizient. Sie verteilen Mittel von der Allgemeinheit zu klimaschädlichen Nutzungen – und schmälern Budgets, die wir für die Transformation dringend brauchen.

Die versteckten Rechnungen: Klima, Gesundheit, Infrastruktur

  • Klimakosten: Jeder zusätzlich emittierte Tonnen CO₂ erhöht Schäden durch Extremwetter, Ernteausfälle und notwendige Klimaanpassung. Seriöse Schätzungen beziffern den gesellschaftlichen Schaden pro Tonne CO₂ in Europa im dreistelligen Eurobereich – Tendenz steigend. Subventionen, die fossilen Verbrauch verbilligen, erhöhen diese Schadenssumme.
  • Gesundheitskosten: Feinstaub, Stickoxide und Ozon verursachen Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Europäische Umweltagentur schätzt jährlich zehntausende vorzeitige Todesfälle in Deutschland durch Luftverschmutzung. Verkehr und fossile Heizungen tragen erheblich dazu bei.
  • Infrastruktur und Raum: Förderung langer Pendeldistanzen verstetigt zersiedelte Strukturen. Straßen- und Parkflächen binden Flächen, die für Wohnraum, Grün, Kühlung oder Regenwassermanagement fehlen.

Diese Kosten sind real – nur erscheinen sie nicht auf der Tankquittung.

Marktverzerrungen: Wie Subventionen Innovation bremsen

  • Verzerrte Preisrelationen: Wenn Diesel steuerlich begünstigt wird, rechnet sich die effiziente Alternative (E-Mobilität, ÖPNV) später. Wenn Kerosin unversteuert bleibt, verlieren Bahn und Nachtzug gegenüber dem Flugzeug.
  • Investitionssignale: Unternehmen orientieren sich an Kapitalkosten und Betriebskosten. Günstige fossile Energie verzögert Investitionen in Effizienz, Elektrifizierung und erneuerbare Wärme – genau dort, wo die größten Einsparpotenziale liegen.
  • Skaleneffekte: Jeder verpasste Markthochlauf bei Wärmepumpen, grünen Prozesswärmen oder Sanierungen hält Stückkosten hoch. Subventionsabbau plus gezielte Förderung kann diese Spirale umkehren.

Was wir uns leisten könnten: Rechenbeispiele für eine Umlenkung

Angenommen, Deutschland baut fossilbezogene Vergünstigungen schrittweise um und gewinnt 10 Mrd. Euro pro Jahr für die Transformation. Was wäre möglich? Grobe, illustrative Rechnungen:

  • Wärmepumpen-Boost:

    • Typische Investition: 15.000–25.000 Euro. Öffentliche Förderung pro Anlage: 6.000–12.000 Euro (je nach Ausgangslage und Bonus).
    • Mit 10 Mrd. Euro ließen sich jährlich 800.000 bis 1.300.000 Wärmepumpen bezuschussen. Das senkt Emissionen im Gebäudesektor dauerhaft und schafft heimische Wertschöpfung.
  • Gebäudesanierung:

    • Tiefe Effizienzsanierung: Zuschussanteil 15.000–25.000 Euro pro Wohneinheit (je nach Maßnahme und Standard).
    • 10 Mrd. Euro ermöglichen 400.000–650.000 umfassende Sanierungspakete oder deutlich mehr Teilsanierungen (z. B. Dämmung, Fenster, hydraulischer Abgleich).
  • Günstiger ÖPNV:

    • Deutschlandticket: 49 Euro pro Monat.
    • 10 Mrd. Euro finanzieren rund 204 Mio. Ticketmonate – das entspricht 17 Mio. Jahresabos. Alternativ ließe sich das Ticket zeitweise bundesweit auf 0–29 Euro senken, besonders für einkommensschwache Haushalte.
  • Energiesparen in der Industrie:

    • Effizienzprogramme mit Investitionszuschüssen von 30 %: Bei 10 Mrd. Euro öffentlichem Zuschuss stimulieren Sie rund 33 Mrd. Euro Gesamtinvestitionen in effiziente Motoren, Abwärmenutzung und Elektrifizierung.

Diese Beispiele zeigen: Der Verzicht auf fossile Privilegien ist kein „Sparen um des Sparens willen“, sondern eine Umschichtung in Zukunftsfähigkeit, Sicherheit und Entlastung.

Faktencheck: Mythen der fossilen Lobby

  • „Ohne Diesel- und Dienstwagenprivileg bricht die Wirtschaft ein.“

    • Fakt: Wettbewerbsfähigkeit entsteht durch Produktivität und Innovation, nicht durch das Subventionieren ineffizienten Verbrauchs. Zielgenaue Entlastungen (z. B. für Mittelstand und Logistik während der Umstellung) sind möglich – gekoppelt an Effizienzpfade.
  • „Kerosin darf man völkerrechtlich nicht besteuern.“

    • Fakt: Inlandsflüge können national besteuert werden. Für internationale Flüge verbieten viele bilaterale Abkommen die Treibstoffbesteuerung, aber Staaten können diese Abkommen anpassen oder Ticketabgaben, Mehrwertsteuer auf Zusatzleistungen und Emissionshandel ausweiten. Regionalabkommen (EU) sind machbar – und werden diskutiert.
  • „Die Pendlerpauschale schützt kleine Einkommen.“

    • Fakt: Die Pauschale wirkt über den Steuertarif regressiv und bevorzugt lange Pendelstrecken. Sozial gerechter wäre ein verkehrsmittelneutrales Mobilitätsgeld als direkter Betrag pro Kilometer – unabhängig vom Einkommen, mit Bonus für ÖPNV/Sharing.
  • „Diesel ist sauber, moderne Motoren lösen das Problem.“

    • Fakt: Moderne Normen senken Schadstoffe, aber reale Emissionen im Stadtverkehr und kalte Starts bleiben belastend. Zudem bleibt der CO₂-Ausstoß hoch. Verkehrsvermeidung, Verlagerung und Elektrifizierung sind die wirksameren Hebel.
  • „Der CO₂-Preis reicht, Subventionen sind egal.“

    • Fakt: Gegensätzliche Signale hebeln sich aus. Ein CO₂-Preis entfaltet Wirkung nur, wenn kontraproduktive Subventionen nicht gleichzeitig fossilen Verbrauch künstlich verbilligen. Subventionsabbau verstärkt und vereinfacht die Preissignale.

Sozial gerechter Subventionsumbau: Leitplanken und Maßnahmen

Ein gerechter Umbau vermeidet Härten und beschleunigt die Transformation:

  • Leitplanken

    • Planbarkeit: Mehrjährige Fahrpläne bis 2030 mit klaren Stufen, damit Haushalte und Unternehmen vorausschauend investieren.
    • Zielgenauigkeit: Entlastungen, wo sie nötig sind (z. B. Härtefallfonds für Pendelnde ohne ÖPNV-Alternative, ländliche Räume, energieintensive Mittelständler in der Umstellung).
    • Pro-Kopf-Rückverteilung: Eine Klimadividende gibt CO₂-Einnahmen oder Subventionsgewinne als gleichen Betrag pro Person zurück – das entlastet kleine und mittlere Einkommen überproportional.
  • Konkrete Maßnahmen

    • Dieselangleichung: Schrittweise Angleichung der Energiesteuer auf Diesel an Benzin über 3–5 Jahre, kombiniert mit Klimadividende und zielgerichteten Mobilitätszuschüssen.
    • Dienstwagenreform: Pauschale Besteuerung an CO₂-Ausstoß koppeln, Deckel für sehr schwere Fahrzeuge, bevorzugte Behandlung vollelektrischer Fahrzeuge nur mit echtem Grünstrom-Bezug.
    • Mobilitätsgeld statt Pendlerpauschale: Verkehrsmittelneutral, sozial gestaffelt, mit Bonus bei ÖPNV-/Rad-/Sharing-Nutzung.
    • Flugverkehr: Energiesteuer auf Inlandsflüge, einheitliche Ticketabgabe, EU-weit Kerosinbesteuerung anstreben; Mehrwertsteuerprivilegien überprüfen; Einnahmen in Bahn-/Nachtzug-Ausbau umlenken.
    • Industrie: Steuerermäßigungen an Effizienzpläne und Transformationspfade binden; Carbon Contracts for Difference (CCfD) für Grundstoffindustrien; Förderung von Abwärmenutzung und elektrischer Prozesswärme; Auszahlung an Benchmarks und echte Emissionsreduktionen knüpfen.

So wird aus einem fiskalischen Umbau ein Investitionsprogramm für Energiesouveränität, Gesundheit und Wettbewerbsfähigkeit.

Ihr Beitrag zählt: Hebel für Bürgerinnen und Bürger

  • Informieren und rechnen: Prüfen Sie mit einem CO₂- und Pendelrechner Ihre Mobilitäts- und Wärmekosten. Oft rechnet sich der Umstieg schneller als erwartet – erst recht, wenn Subventionen neu justiert werden.
  • Umsteigen und sparen:
    • Heizung: Prüfen Sie Wärmepumpe, Fernwärme oder Hybridlösungen – inklusive Förder-Check.
    • Mobilität: Deutschlandticket testen, Jobticket nutzen, Carsharing/Fahrrad kombinieren.
    • Strom/Wärme: Haushaltsnahe Effizienzmaßnahmen (Dämmung, Dichtungen, LED, smarte Thermostate) amortisieren sich rasch.
  • Stimme erheben:
    • Kontaktieren Sie Ihre Abgeordneten (Bund/Land/Kommunen) und fordern Sie einen sozial gerechten Subventionsumbau.
    • Beteiligen Sie sich an Konsultationen, Petitionen und Bürgerdialogen.
  • Mitmachen und vernetzen:
    • Abonnieren Sie unseren Newsletter, diskutieren Sie im Blog und teilen Sie Grafiken und Faktenchecks in Ihrem Umfeld.
    • Unterstützen Sie Initiativen für klarere Preissignale und Investitionen in Erneuerbare, Effizienz und bezahlbare Mobilität.

Musterbrief an Ihre Abgeordneten

Sehr geehrte Frau/Herr [Name],

als Bürgerin/Bürger Ihres Wahlkreises bitte ich Sie, sich für einen sozial gerechten Abbau fossilbezogener Subventionen einzusetzen und die freiwerdenden Mittel gezielt in Klimadividende, Energiesparen sowie erneuerbare Lösungen umzulenken.

Konkret rege ich an:

  • Die Energiesteuer auf Diesel schrittweise an Benzin anzugleichen und Einnahmen pro Kopf als Klimadividende auszuzahlen.
  • Das Dienstwagenprivileg emissionsabhängig auszugestalten und sehr schwere Fahrzeuge nicht länger pauschal zu begünstigen.
  • Die Entfernungspauschale in ein verkehrsmittelneutrales Mobilitätsgeld umzuwandeln, das kleine und mittlere Einkommen besser schützt.
  • Im Flugverkehr Inlandsflüge angemessen zu besteuern, eine einheitliche Ticketabgabe einzuführen und sich EU-weit für Kerosinbesteuerung einzusetzen; Mehreinnahmen sollten Bahn und Nachtzug zugutekommen.
  • Industrielle Steuerermäßigungen an verbindliche Effizienz- und Transformationspfade zu binden, etwa über Carbon Contracts for Difference und Abwärme-/Elektrifizierungsprogramme.

Bitte setzen Sie sich für einen verbindlichen Fahrplan bis 2030 ein, flankiert von Härtefallregelungen für ländliche Räume, Pendelnde ohne ÖPNV-Alternative und mittelständische Unternehmen in der Umstellung. So wird der Umbau planbar, sozial gerecht und wirtschaftlich vernünftig.

Für eine kurze Rückmeldung zu Ihrer Position und kommenden Initiativen in diesem Bereich danke ich Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen
[Ihr Name]
[Ihre Adresse, optional]
[Ihre E-Mail]

Fossile Subventionen sind kein Naturgesetz, sondern eine Frage von Prioritäten. Wenn wir sie sozial ausgewogen abbauen und die Mittel in Menschen, Gesundheit und Zukunftstechnologien investieren, gewinnen alle – besonders jene, die heute die unsichtbaren Rechnungen bezahlen.

Besuchen sie auch unsere Webseite: F³ – Future für Fossil Freedom

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