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Weg mit dem Preisnebel: Fossile Subventionen beenden, faire Märkte schaffen

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Wenn von Energiekosten die Rede ist, liegt der Fokus häufig auf den angeblich „teuren“ erneuerbaren Energien. Viel seltener wird sichtbar, wie stark fossile Energien seit Jahrzehnten – direkt und indirekt – vom Staat gestützt werden. Diese versteckten Milliardenspritzen verzerren Märkte, verlangsamen die Energiewende und verlagern reale Kosten auf Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, auf die Gesundheit der Bevölkerung sowie auf kommende Generationen. Internationale Analysen, unter anderem des Internationalen Währungsfonds, zeigen: Rechnet man ungepreiste Umwelt- und Gesundheitsfolgen mit ein, summieren sich fossile Subventionen weltweit auf mehrere Billionen US‑Dollar jährlich. Ein ehrlicher Kostenvergleich ist daher überfällig.

Dieser Beitrag ordnet ein, welche Formen fossiler Subventionen es gibt, wer davon profitiert, wer tatsächlich bezahlt – und wie ein gerechter, zukunftsfähiger Pfad aus der Subventionsfalle aussieht.

Was gilt überhaupt als Subvention?

Unter Subventionen versteht man nicht nur direkte Finanzhilfen aus dem Haushalt. Politökonomisch lassen sich mindestens drei Kategorien unterscheiden:

  • Direkte Transfers: Zuschüsse, Beihilfen, Bürgschaften oder Rettungspakete für fossile Unternehmen und Infrastrukturen.
  • Steuerliche Begünstigungen: Ausnahmen, ermäßigte Sätze oder Befreiungen bei Energiesteuern, beim Mehrwertsteuersystem oder bei Abgaben.
  • Implizite Subventionen: Externe Kosten wie Klimaschäden, Luftverschmutzung und Gesundheitsfolgen werden nicht vollständig bepreist – die Allgemeinheit trägt sie dennoch. Volkswirtschaftlich handelt es sich um verdeckte Zuschüsse, weil die tatsächlichen Kosten nicht in den Marktpreisen fossiler Energien erscheinen.

Diese drei Ebenen greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig: Steuerprivilegien halten fossile Energien künstlich günstig; unterlassene CO2- und Luftschadstoffbepreisung verschleiert Folgekosten; direkte Förderungen verfestigen Infrastrukturentscheidungen über Jahrzehnte.

Wie der Staat fossile Energien fördert – die wichtigsten Mechanismen

Auch in Deutschland und Europa existiert ein dichtes Geflecht an Regelungen, die fossile Energien begünstigen. Beispiele:

  • Steuervergünstigungen im Verkehr:
    • Geringere Energiesteuer auf Diesel im Vergleich zu Benzin („Dieselprivileg“).
    • Rückvergütungen für Agrardiesel.
    • Steuerbefreiungen für Kerosin im internationalen Luftverkehr; zudem sind grenzüberschreitende Flugtickets vielfach umsatzsteuerlich begünstigt.
    • Ermäßigungen und Ausnahmen für gewerbliche Schifffahrtstreibstoffe.
  • Begünstigungen für Industrie und Großverbraucher:
    • Ermäßigungen bei der Energie- und Stromsteuer für das produzierende Gewerbe.
    • Reduzierte Netzentgelte und besondere Ausgleichsregelungen für stromintensive Unternehmen.
    • Kompensationen für indirekte CO2-Kosten aus dem EU-Emissionshandel.
  • Infrastruktur und Investitionspfade:
    • Vorrangiger Ausbau und Erhalt fossiler Infrastrukturen (straßenlastige Verkehrsinvestitionen, Häfen, Gasnetze) im Verhältnis zu emissionsarmen Alternativen.
    • Kapazitäts- und Reservezahlungen, die fossile Kraftwerke über Übergangsphasen stützen.
  • Finanzielle Absicherung:
    • Exportkreditgarantien und Bürgschaften für fossile Projekte im Ausland (historisch bedeutsam, teils im Wandel, aber mit Langzeitwirkungen).
  • Regulatorische Privilegien und Verzögerungen:
    • Langjährige Ausnahmen, Übergangsfristen oder Schlupflöcher, die wirksame CO2-Preise und Emissionsgrenzen verwässern.

Wichtig: Vieles davon ist nicht als „Subvention“ etikettiert und erscheint in keinem Haushaltsplan als solche. Es sind Entscheidungen im Steuer-, Haushalts- und Regulierungsrecht, die in Summe fossile Technologien systematisch bevorteilen.

Wer profitiert – und wer wirklich zahlt?

Die unmittelbaren Profiteure sind Nutzerinnen und Nutzer fossiler Energien sowie Branchen, deren Geschäftsmodelle von niedrigen Energie- und Transportkosten abhängen. Die Kosten werden jedoch breit verteilt:

  • Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragen direkte und steuerliche Subventionen über den Haushalt.
  • Haushalte zahlen mit ihrer Gesundheit: Luftverschmutzung durch Verbrennungsmotoren und Heizungen verursacht Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – mit erheblichen Kosten für das Gesundheitssystem.
  • Die Gesellschaft insgesamt trägt Klimarisiken: Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Flutschäden verursachen volkswirtschaftliche Verluste, steigende Versicherungsprämien und hohe öffentliche Aufwendungen für Wiederaufbau und Klimaanpassung.
  • Verteilungswirkung: Zahlreiche fossile Begünstigungen sind regressiv. Das Dienstwagenprivileg und günstiger Diesel werden überproportional von höheren Einkommen genutzt, während Menschen mit geringeren Einkommen die Kosten über Steuern und externe Effekte mittragen – oft ohne entsprechend zu profitieren.
  • Innovationsbremse: Subventionen zementieren Pfadabhängigkeiten. Kapital und Ingenieursleistung fließen länger in gestrige Technologien, während Investitionen in Erneuerbare, Effizienz, Speicher, Wärmepumpen, E‑Mobilität oder die Bahn ausgebremst werden.

Kurz: Die vermeintlich „billigen“ fossilen Energien sind teuer – nur nicht an der Zapfsäule oder auf der Heizkostenrechnung, sondern verteilt und zeitverzögert in unseren öffentlichen Kassen, in der Atemluft und im Klima.

Der ehrliche Kostenvergleich

Ein fairer Vergleich muss alle Kosten betrachten – Anschaffung, Betrieb, Infrastruktur und externe Effekte:

  • Strom aus neuen Wind- und Solaranlagen gehört heute zu den günstigsten Formen der Stromerzeugung, insbesondere wenn man Risiko- und Brennstoffkosten über die Lebensdauer einbezieht.
  • Erneuerbare haben hohe Anfangsinvestitionen, aber sehr niedrige Grenzkosten. Fossile Kraftwerke wirken kurzfristig flexibel, sind langfristig jedoch Preiskrisen und geopolitischen Risiken ausgesetzt.
  • Wird CO2 realistisch bepreist und Luftschadstoffe stärker internalisiert, kippt der Kostenvergleich noch deutlicher zugunsten sauberer Technologien.
  • Auch im Wärmesektor gilt: Eine effizient sanierte Gebäudehülle, Wärmepumpe und Wärmenetzlösungen sind auf Lebenszyklusbasis zunehmend günstiger – erst recht, wenn künftig höhere CO2‑Kosten auf Öl- und Gasheizungen durchschlagen.
  • Im Verkehr sind E‑Autos über die Gesamtkosten des Besitzes oft bereits im Vorteil; hinzu kommt, dass die externen Kosten von Lärm, Luftschadstoffen und Klimawirkungen niedriger sind.

Subventionsabbau ist somit kein Selbstzweck, sondern schafft faire Spielregeln. Er gibt Preissignale frei, die private und öffentliche Investitionen dorthin lenken, wo sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind.

Internationale Perspektive und Wettbewerbsfähigkeit

Gerade eine exportorientierte Volkswirtschaft profitiert von Planungssicherheit und verlässlichen Investitionssignalen. Drei Punkte sind zentral:

  • Wettbewerbsfähigkeit: Wer frühzeitig auf effiziente, saubere Technologien umstellt, senkt künftige Anpassungskosten und wird Anbieter der Lösungen, die weltweit gefragt sind.
  • Handelspolitik: Mit Instrumenten wie dem europäischen CO2‑Grenzausgleich (CBAM) werden Klimastandards international wirksamer. Fossile Subventionen unterlaufen solche Mechanismen – und schaffen langfristige Risiken für Unternehmen, die an überholten Prozessen festhalten.
  • Resilienz: Weniger Abhängigkeit von fossilen Importen verringert geopolitische Verwundbarkeiten. Investitionen in heimische Erneuerbare, Netze, Speicher und Effizienz stärken Versorgungssicherheit.

Kurzfristige Entlastungen sind in Krisen nachvollziehbar, sollten aber zielgenau, sozial ausgewogen und zeitlich befristet sein – nicht als Einfallstor für neue, dauerhafte fossile Dauersubventionen.

Was jetzt politisch nötig ist: eine klare Reformagenda

Ein wirksamer Abbau fossiler Subventionen braucht einen Plan, Verlässlichkeit und soziale Flankierung. Kernelemente:

  • Transparenz schaffen:
    • Vollständige, regelmäßig aktualisierte Übersicht über alle klimaschädlichen Subventionen im Subventionsbericht.
    • Einheitliche Methodik, die direkte, steuerliche und implizite Kosten sichtbar macht.
  • Steuerliche Fehlanreize korrigieren:
    • Energiesteuern am CO2‑Gehalt ausrichten; Diesel- und Benzinbesteuerung angleichen.
    • Dienstwagenbesteuerung reformieren, sodass Effizienz und Emissionsarmut belohnt, nicht das Fahrzeuggewicht subventioniert wird.
    • Entfernungspauschale zu einem sozial gerechten Mobilitätsgeld umbauen, das Verkehrsmittelwahl und Einkommenslage berücksichtigt.
    • Kerosinbesteuerung und Mindeststeuersätze auf EU‑Ebene voranbringen; Ausnahmen abbauen.
  • Industrie fair transformieren:
    • Entlastungen an klare Dekarbonisierungspfade knüpfen (Klimaverträge/CCfD), statt pauschal fossile Prozesse zu subventionieren.
    • Innovations- und Investitionsförderung konsequent auf Effizienz, Erneuerbare, Elektrifizierung und Kreislaufwirtschaft ausrichten.
  • Infrastruktur umlenken:
    • Priorität für Schiene, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, Wärmenetze, Strom- und Wasserstoffnetze. Fossile Lock‑in‑Investitionen vermeiden.
  • Soziale Balance sichern:
    • Einnahmen aus Abgaben und Subventionsabbau für gezielte Entlastungen verwenden – etwa durch ein pro‑Kopf‑Klimageld, energetische Sanierungsförderung und bezahlbaren ÖPNV.
    • Übergänge verlässlich gestalten, damit Haushalte und Unternehmen planen können.

Diese Agenda ist machbar – und bereits in Teilen politisch angelegt. Entscheidend ist, sie konsequent und transparent umzusetzen.

Was Sie konkret tun können

Politischer Wandel braucht demokratische Rückendeckung und praktisches Handeln. Sie können:

  • Transparenz einfordern: Schreiben Sie Ihren Abgeordneten, unterstützen Sie Initiativen, die den Subventionsbericht schärfen, und beteiligen Sie sich an öffentlichen Konsultationen.
  • Konsum und Investitionen neu ausrichten: Wärmepumpe und Gebäudesanierung prüfen, Ökostromtarif wählen, ÖPNV und Fahrrad nutzen, Carsharing ausprobieren, effiziente Fahrzeuge bevorzugen.
  • Im Beruf Hebel nutzen: Beschaffungsrichtlinien in Unternehmen klimafreundlich gestalten, Lieferketten dekarbonisieren, Mobilitätsbudgets statt Dienstwagen fördern.
  • Medienkompetenz stärken: Desinformation erkennen, seriöse Quellen nutzen, Narrative der fossilen Lobby hinterfragen.
  • Vernetzen und informieren: Abonnieren Sie unseren Newsletter, teilen Sie Wissen im Freundes- und Kollegenkreis und bringen Sie sich im Blog mit eigenen Beiträgen ein.
  • Politische Unterstützung zeigen: Tragen Sie dazu bei, dass Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten mit glaubwürdiger Klimaschutzagenda – etwa Bündnis 90/Die Grünen mit Robert Habeck – die Spielräume erhalten, klimaschädliche Subventionen abzubauen und die Transformation sozial gerecht zu gestalten.

Mythoscheck: „Ohne Subventionen werden Energie und Mobilität unbezahlbar“

Kurzfristige Umstellungen können für einzelne Gruppen spürbar sein. Genau deshalb braucht es soziale Ausgleichsinstrumente und Übergangsfristen. Mittel- und langfristig aber senkt eine saubere Energiewelt Kosten:

  • Erneuerbare senken Brennstoffrisiken und Importabhängigkeiten.
  • Effizienz reduziert laufende Ausgaben in Haushalten und Betrieben.
  • Gesundheits- und Klimakosten gehen zurück, was Budgets von Kommunen, Ländern und Bund entlastet.
  • Innovationen schaffen neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Die Frage ist nicht, ob wir zahlen – sondern wofür und mit welchem Nutzen. Jeder Euro, der heute fossile Altlasten stützt, fehlt morgen beim Ausbau der Lösungen.

Fazit: Weg mit dem Preisnebel

Fossile Subventionen sind kein Naturgesetz. Sie sind das Ergebnis politischer Entscheidungen – und können politisch beendet werden. Ein ehrlicher Kostenvergleich macht sichtbar, wie teuer das Festhalten am Fossilen tatsächlich ist. Wenn wir direkte, steuerliche und implizite Subventionen abbauen und die freiwerdenden Mittel in saubere Alternativen und sozialen Ausgleich investieren, gewinnen alle: Haushalte, Wirtschaft, Gesundheit und das Klima. Es ist Zeit, den Preisnebel zu lichten – und die Spielregeln auf Zukunft zu stellen.

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